SonntagsDing

SonntagsDing: Einknipsen oder auskerben – Das Ding mit der Nahtzugabe an Kurven

Moin! Hast du dich auch schon mal gefragt, wieso du die Nahtzugabe an Rundungen manchmal mit kleinen Einschnitten versehen und in anderen Fällen kleine Zacken herausschneiden sollst? Wir gehen im heutigen Sonntags Ding dem Geheimnis von konvexen und konkaven Kurven auf den Grund. Dabei lernst du auch die einfache Regel, welche Variante, Einknipsen oder auskerben, zu welchem Bogen passt und warum das so ist!

Rundungen begegnen dir an vielen Kleidungsstücken aber auch beim Nähen von Taschen, Kuscheltieren und Homeaccesoires. Sie zu nähen und zu einem sauberen Ergebnis zu gelangen ist nicht immer einfach. Besonders an verstärkten Teilen wie Belegen und Taschenklappen, aber auch beim Herumführen eines Streifens um eine Rundung hat der Umgang mit der Nahtzugabe einen erheblichen Einfluss auf das fertige Ergebnis.

Für die Zuordnung von konvex und konkav möchte ich dir einen (politisch sicher nicht ganz korrekten) Merksatz aus meinem Studium mit auf den Weg geben (und erläutern):

„Ist ein Mädchen brav, bleibt es konkav. Hat ein Mädchen Sex, wird es konvex.“

Bei dieser Anspielung auf eine Figurveränderung durch eine Schwangerschaft ist die Beschreibung von konkav stark übertrieben: Konkave Kurven zeigen nach innen- weichen also deutlich vom flachen Bauch des nicht schwangeren Mädchens aus dem Merksatz ab. Wenn du das Bild auf ein Nähstück übertragen möchtest, ist zum Beispiel eine Ausschnittkante eine konkave, nach innen (zur Mitte des Nähstücks) weisende Kurve.

Das Gegenteil ist der konvexe Bogen. Eine nach außen weisende Kurve, die im Vergleich schon besser mit dem nach außen gewölbten Bauch einer Schwangeren zu vergleichen ist. An Nähstücken findest du diese Art Kurven zum Beispiel bei abgerundeten Taschenklappen.

Die Besonderheit von Kurven beim Wenden und Zusammenfügen

Konvexe und konkave Kurven können dir nicht nur in Bereichen begegnen, in denen du Nähstücke verstürzt. Sie können auch beim Zusammenfügen von Patchworkarbeiten oder Teilungsnähten an Kleidung Schwierigkeiten bereiten. Der Grund hierfür ist die parallel zur Nahtlinie verlaufende Nahtzugabe.

Konvexe Kurve

Die einfachste vorstellbare Kurve ist ein gleichmäßiger Kreis. Er ist hier das Beispiel für eine Konvexe Kurve. Wenn du diesem Kreis eine Nahtzugabe hinzufügst, erhältst du zwei ineinander liegende Kreise, deren Umfang sich unterscheidet. Die Außenkante des Nahtzugabe-Kreises (Schnittkante des Stoffs) ist, da der Kreis selbst größer ist, länger als die Außenkante des kleinen Kreises (rote Linie), die die Nahtlinie symbolisiert. Hierin steckt das Problem: Denn wenn du einen Kreis wendest, wird die Nahtzugabe nicht auf der bereits kürzeren Strecke der Nahtlinie abgebildet, sondern noch einmal um ihre Breite nach innen versetzt.

Hier ist die Strecke dann erneut verkürzt. Wird die Nahtzugabe nicht vorbereitet, legt sich der Stoff-Überschuss in Falten und die Nahtzugabe wird sich „knubbelig“ durch die Stofflagen abzeichnen.

Das ist einerseits von Nachteil für die Optik deines Nähergebnisses, da sich statt einer Rundung eine Vieleckige Form ergibt, kann aber auch zu Schwierigkeiten im weiteren Nähprozess führen. Beispielsweise, wenn du dicke Stoffe verwendest und nun beim Kreuzen mit anderen Nähten oder beim Absteppen „über Berg und Tal“ nähen musst. An solchen Stellen neigt der Nähfuß zum Verkippen, was unsaubere oder ausgelassene Stiche zur Folge haben kann. (Lumali hat im Sonntagsding zum kleinen schwarzen Knopf am Nähfuß einen Trick gezeigt, mit dem du diesem Problem ohne Höhenausgleich entgegentreten kannst!)

Konkave Kurve

Ein schönes Beispiel für eine konkave Kurve ist ein Tropfenausschnitt. Die Kurve ist eine Einbuchtung im Stoff. Hierbei ist die Kante der Nahtzugabe kürzer als die Nahtlinie (rot). Die Linie auf der sie nach dem Wenden zum liegen kommt, ist länger als die Nahtlinie.

Ohne eine Vorbereitung der Nahtzugabe kommt es zu Spannungen im Stoff, durch die er sich nicht flach hinlegen lässt. Die Spitzen des Ausschnitts drängen nach oben, statt sich an der Körper zu schmiegen, da im unteren Bereich der kurve Zug auf den Stoff entsteht.

Das kannst du machen, damit sich die Nahtzugabe in Kurven glatt legt: Wenn du eine Konvexe Kurve nähst, also einen Stoffüberschuss in der Nahtzugabe hast, werden kleine Dreiecke aus der Nahtzugabe ausgeschnitten.

Durch die Lücken in der langen Kante der Nahtzugabe können die Spitzen der Dreiecke zusammenrücken. Der Stoff hat genug Platz sich glatt zu legen und du kannst die Rundung sauber ausbügeln.

Wenn du eine konkave Kurve nähst, wird die Nahtzugabe mit kleinen Einschnitten versehen.

Wenn du eine konkave Kurve nähst, wird die Nahtzugabe mit kleinen Einschnitten versehen.

Die Eselsbrücke ist: Zeigt der Bogen in dein Stück hinein, knips die Nahtzugabe ein.

Durch die Einschnitte kann die Kante nach dem Wenden auseinander gezogen werden. Es entstehen Lücken zwischen den Einschnitten, die die Spannung aus dem Stoff nehmen. Dadurch kann sich der Stoff glatt legen und du kannst ihn sauber ausbügeln.

Darum solltest du die Nahtzugabe einschneiden oder auskerben statt sie zurückzuschneiden

Ein beliebter Weg die Spannungen oder den Stoffüberschuss einer Nahtzugabe an einer Rundung zu reduzieren ist das Einkürzen (zurückschneiden) der Nahtzugabe. Diese Lösung ist nicht falsch, kann aber, besonders bei dickeren Materialien, zu sichtbaren Kanten knapp neben der Naht führen und das saubere Absteppen erschweren. Eine eingeschnittene oder durch Dreiecke ausgekerbte Nahtzugabe bietet deinem Nähfuß eine gleichmäßige Auflagefläche, was zu einem schönen Nahtbild der Steppnaht beiträgt. Wenn du eine besonders breite Nahtzugabe gewählt hast, kannst du die Techniken allerdings kombinieren und die Nahtzugabe etwas zurückschneiden und zusätzlich einschneiden oder auskerben.

Übrigens: Beim klassischen Einsetzen von Ärmeln, beispielsweise bei einer Jacke oder Bluse, kann es bei einer sehr breit gewählten Nahtzugabe aus dem gleichen Grund zu Spannungen im Stoff kommen. Du siehst es daran, dass bei der Anprobe nach dem Heften Zugfalten entstehen. Wenn du die Nahtzugabe anschließend auf ein Maß von 0,7 -1cm einkürzt, verschwinden diese Falten – dennoch ist es, damit du die Passform bei der Anprobe beurteilen kannst, sinnvoll eine moderate Nahtzugabe zu wählen.

4 Kommentare zu “SonntagsDing: Einknipsen oder auskerben – Das Ding mit der Nahtzugabe an Kurven

  1. Diana sagt:

    Funktioniert das auch wenn ich mit der Overlock nähe?

  2. Sabine sagt:

    Ein politisch weniger brisanter Merksatz aus meiner Schulzeit lautet: Der Buckel der Hex’ ist konvex.

  3. Antonie sagt:

    Danke, toll erklärt 😘

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