SonntagsDing

Stuhlkissen nähen mit Kindern und Anfängern

Stuhlkissen nähen mit Kindern und Anfängern

Yvi von kleiner Polli-Klecks

Das Nähen zu lernen ist wie ein Marathon – man übt es Schrittweise. Niemand würde auf die Idee kommen, einen Marathonlauf direkt mit den vollen 42 km zu trainieren. Nun, daher ist auch der Anspruch am Nähen zu Beginn ganz niedrig. Wenn ich jemanden motivieren und für meine Leidenschaft begeistern möchte, muss ich es meinem Gegenüber – also z.B. meinem Kind oder einem anderen Anfänger – so schmackhaft wie möglich machen.


Ich bin Yvi von kleiner Polli-Klecks, habe bereits sehr viel Erfahrung im Leiten von Kindernähkursen und möchte dir anhand eines kleinen Nähprojektes 10 wertvolle Tipps geben, wie du Kinder oder Anfänger für das Nähen begeistern kannst.

Da kommen wir auch direkt zu Tipp Nummer 1: Farb- und Musterauswahl

Lass das Kind selbst aussuchen! Biete ihm NUR die Materialien an, die es für das geplante Projekt nehmen darf. Nichts ist frustrierender, als wenn einem etwas wieder weggenommen wird, was man sich gerade ausgesucht hat. Lass das Kind also NICHT aus dem vollen Stoffregal stehen, sondern hole 2-3 Stoffe hervor, aus denen es aussuchen kann. Sollen Stoffe kombiniert werden, biete direkt 3 fertige Kombinationen an, indem du selbst schon Kombi-Haufen bereitlegst. Dann kannst du am Ende auch am besten mit dem Ergebnis leben und musst nicht maßregeln.

Für unser Sitzkissen benötigst du: (farblich absetzen)

• 50 cm (volle Breite) Baumwollwebware

• 1 m Kordel

• Füllwatte

• eine Stoffschere (für Kinder leichtgängig und nicht so lang)

• ein paar Stecknadeln und Stoffklammern

Tipp Nummer 2 ist eigentlich auch ganz logisch: Kind gerechte bzw. Anfänger geeignete Voraussetzungen schaffen!

Für Kinder ist eine computergesteuerte Nähmaschine mit verstellbarer Geschwindigkeit und langsamem Antriebsmotor am besten geeignet. Natürlich hat man früher schon das Nähen auf mechanischen Maschinen gelernt, aber wenn du eine hast, die man einstellen kann, ist es schon besser, als eine Maschine, die sofort 100 km gibt. Auch Knöpfe für das Heben- und Senken der Nadel finden Kinder toll. Super wichtig für kleine Kinder, die mit den Füßen nicht auf den Boden kommen: Stelle das Pedal auf kleinen Hocker.

Für das Sitzkissen brauchst du ein Schnittmuster von 46 x 46 cm, da ist Nahtzugabe bereits enthalten! Info: Die meisten Stuhlflächen sind 40 x 40 cm groß, wenn du aber, wie ich, eine trapezförmige Stuhlfläche hast, dann erstelle eine Schablone von der Sitzfläche. Gib zu deiner Schablone rundherum 6 cm dazu (durch das spätere Stopfen mit Watte wird das Kissen sonst zu klein).

Tipp Nummer 3 für das Nähen mit Kindern und Anfängern: DU machst die Arbeiten, die keinen Spaß machen!

Ich höre schon die Gegenstimmen, die sagen: „Man muss auch lernen, Dinge zu machen, die einem keinen Spaß machen!“. Ja – aber NICHT, wenn es mein Ziel ist, jemanden für etwas zu begeistern. Ich möchte ja, dass das Kind am Ende sagt: „DAS will ich nochmal machen!“. Darum kümmerst DU allein dich um das Schnittmuster und am besten zeichnest du die Schneidelinie bereits mit einem gut sichtbaren Stift auf den Stoff (Nahtzugaben kann ein Kind oder Anfänger unmöglich selbst erfinden. Es kann maximal an einer Papierkante entlang schneiden, aber niemals einen gleichmäßigen Abstand einhalten).

Als nächstes benötigst du dein erstelltes Schnittmuster 2 x aus Baumwollwebware. Diese Teile legst du passgenau rechts auf rechts aufeinander. 

Tipp Nummer 4: Verwende Stoffklammern statt Nadeln.

Kinder lieben Wäscheklammern. Wahrscheinlich ist die einfache Mechanik toll und dass sich etwas öffnet, wenn man ganz wo anders drückt… wie auch immer – nutze Stoffklammern und keine Nadeln. Ja, sicher kann ein Kind auch lernen, Nadeln zu stecken, aber es dauert viel länger und Zeit ist Geld bzw. sind Motivationspunkte, die sich rapide minimieren, wenn Langeweile aufkommt. Bestimmt ist Langeweile zu haben auch wertvoll, aber wir wollen keine Kinder für die Arbeitswelt tauglich machen, sondern einen neuen Spaß vermitteln. Fast wie in einer Meditation können die Kleinen auf einer Strecke von 40 cm ganze 20 Klammern setzen. Das scheint unheimlichen Spaß zu machen.

Nun wird endlich genäht. Darauf warten wir jetzt schon gefühlt ewig! Damit die Naht auch gerade wird, braucht es etwas Übung oder Hilfsmittel.

Deshalb lautet Tipp Nummer 5: Erleichtere das Geradenähen.

Die liebe Karin von ba.binaa_patterns hat HIER vor ein paar Tagen super toll in einem Video auf Instagram erklärt, wie hilfreich eine Saum- und Kantenführung ist. Und wenn du keine Saumführung hast, dann nutze ein Washitape oder Malerkrepp. Klebe das Tape so auf, dass die Stoffkante an dem Tape entlang geführt werden kann.

Außerdem ist es einfacher für Kinder auf einer gezeichneten Linie zu nähen. Zeichne am besten die Linie auf den Stoff, auf der die Nadel immer einstechen soll.

Und direkt noch Tipp Nummer 6: Lass das Kind alle Funktionen an der Maschine durchführen und nimm ihm das nicht ab!

Das Heben- und Senken des Nähfüßchen z.B. am Nahtanfang oder -ende sowie an Ecken ist der reinste Kinderspaß. Egal ob mit dem Hebel oder mit einem Knopf, das solltest du deinem Kind nicht abnehmen. Selbst kleinste Kinder, die noch gar nicht nähen können, sitzen mit Vorliebe auf dem Schoß und machen nichts anderes, als immer mal wieder den Nähfuß heben und senken.

Und wo wir eben beim Abnehmen kleiner technischer Finessen waren, wachen wir auch direkt weiter mit…

Tipp Nummer 7: Das Kind den Faden abschneiden lassen.

Ich glaube, der Prozess, den Faden am integrierten Messer abzuschneiden ist eines der faszinierendsten Dinge beim Nähen überhaupt. Meine Kinder haben sogar die herumliegenden Fadenreste zerteilt, weil es einfach so toll ist. 

Nach dem Nähen entferne die beiden unteren Ecken. Schneide aber NICHT die Naht durch. Falls das dein Kind machen soll, male am besten eine Linie auf.

Was beim täglichen Anziehen unbeliebt ist, wird beim Nähen wieder äußerst interessant.

Tipp Nummer 8: Lass das Kind das Kissen wenden!

Verwende am besten das Worte „umkrempeln“ und erkläre gern nebenbei, dass man es beim Nähen „wenden“ nennt. Mit den kleinen Fingern können sie wunderbar die Ecken heraus pieksen.

Nach dem Wenden wird die einzige, noch offene Kante um 2 cm nach innen gelegt. Das machst am besten du.

Damit die nach innen gelegte Kante dort bleibt, wo sie ist, bügle sie mit heißem Dampf. Das machst am besten auch du, denn der Dampf kann wirklich schlimme Schmerzen bereiten.

Zeichne nun zwei parallele Linien auf das Kissen, mit denen du die Kissengröße in drei gleich große Teile teilst. Das kann auch das Kind machen, hilft aber beim Festhalten des Lineals. Verwende einen Trickmarker oder einen Frixon Stift, die lassen sich auswaschen und wegbügeln.

Stecke entlang der Linien ein paar Nadeln, damit nichts verrutscht. Nun sollen die Linien abgesteppt werden. Am besten beginnt ihr die Naht oben am geschlossenen Bereich.

Jetzt wird der gezeichnete Strich abgesteppt. Das kann das Kind bestimmt schon richtig gut. Das Herausziehen der Nadeln ist eine gute Aufgabe für die Kleinen.

Nun benötigst du Füllwatte. Hast du keine da und auch keinen Stoffladen, dann gehe in ein Möbelhaus und hole dir ein günstiges Kissen, welches du aufschneidest.

Tipp Nummer 9 ist super wertvoll: Lass das Kind das Material erfahren und bleibe geduldig.

Watte fühlt sich so toll an und es ist eine schöne Erfahrung, mit den gesamten Armen im Wattevorrat zu verschwinden. Oft wird sich danach ein ganzer Wattepool gewünscht, in den man hineinspringen möchte. Lass also dein Kind das Kissen mit Watte befüllen – auch wenn es ewig dauert und es vielleicht nur mini kleine Wattefetzen in die Hand nimmt. Stopfe es aber keinesfalls zu voll. Es soll noch leicht und fluffig bleiben und vor allem Vorne noch mindestens 5 cm leeren Platz behalten.

Nun kommen die Kordeln zum Einsatz. Du benötigst zwei Kordeln von 50 cm Länge. Bitte dein Kind, die Kordel in der Mitte zusammenzulegen und es mit der Rundung in die Ecken zu stecken.

Nun müsst ihr im Team arbeiten: Du ziehst die noch offene Kissenkante auseinander, sodass die Stofflagen zueinander kommen. Dein Kind steckt die Kante mit Klammern zu.

Nun darf die offene Kante genäht werden. Das kann schwierig sein, wenn ihr zu viel Watte hineingestopft habt. Nimm etwas Watte heraus. Am Schluss verteilt dein Kind die Watte gleichmäßig im Kissen, indem es dieses ganz viel und in alle Richtungen knautscht und kuschelt.

Nun kann das Kissen am Stuhl befestigt wund darauf stolz wie Bolle Platz genommen werden. Am Schluss möchte ich noch meinen letzten Tipp loswerden:

Tipp Nummer 10: Lass dein Kind ein Foto machen.

Nach diesem Projekt ist dein Kind 1 Meter gewachsen und unendlich stolz. Erinnerungen und schöne Momente mit einem Foto zu besiegeln gehört in der heutigen Zeit der Handykameras fast schon zum guten Ton. Ja – sicher machst du auch ein Foto MIT dem Kind darauf und bestimmt findest du, dass die schönsten Momente im Herzen sind, aber noch viel cooler ist es, das Foto selbst zu schießen. Also übergibt deinem Kind einmal deine Kamera/dein Handy und lass es ein finales Foto von seinem Werk machen.

Ich hoffe, du hast viel gelernt zum Thema „Motivation“ und falls du selbst oder dein Kind Lust bekommen habt, ein Sitzkissen zu nähen, dann startet gern durch und zeigt uns Ebookmachern in unserer Facebook Nähgruppe eure tollen Werke: Ebookmacher Nähgruppe

Bis dann, deine Yvi von kleiner Polli-Klecks

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert